Lamberts Tacheles
 

Ein Stück Leben

25. Juni 2008

Subventionen für erneuerbare Energien und für Rentner, die diese sowieso nie erreichen werden. Auf der einen Seite pustet der Staat das Geld förmlich heraus und man mag meinen, dass im Kanzleramt Geldpakete gedruckt werden. Auf der Kehrseite wird überall dort gespart, wo Investitionen dringend notwendig wären. Bildung, Kultur – es gibt viele Baustellen, die es zu bearbeiten gilt. Umso schlimmer, dass ich bei meiner wöchentlichen Netzrecherche auf Kürzungsirrsinn gestoßen bin, der mich A selbst betrifft und B maßlos ärgert.

Hier wird gleich an zwei Enden gespart – an Bildung UND Kultur! Es geht um die „Ulmer Spielschachtel“, einem traditionellen Kindertheater-Betrieb im schönen Ulm, der seit über 22 Jahren besteht. Seit dem Jahr 1986 gehört die Ulmer Spielschachtel zur Stadt, wie „Die Springmaus“ zu Bonn oder die Puppenkiste zu Augsburg. Meine ganze Kindheit verbrachte ich als „Kartenabreißer“ in der Spielschachtel und war später auch als Darsteller (wenn auch nur für kleine Nebenrollen) für diese tätig.

Jahr für Jahr wurden und werden nun Zuschüsse der Stadt gekürzt. Während im Jahr 2001 noch Zuschüsse in Höhe von 103.991,66 Euro flossen, werden es in diesem Jahr nur noch 80.000,00 Euro und im Jahr 2010 nur noch 55.000,00 Euro sein. Hinzu kommt, dass die Spielschachtel, im Herbst 2007, ein niederschmetterndes Urteil einer Fachjury erhielt, die der Ulmer Traditionseinrichtung „gravierende handwerkliche, stilistische und konzeptionelle Mängel“ attestierten. SOLLTE dies tatsächlich der Fall sein, sind es in jedem Falle Folgen des städtischen Sparzwanges und somit auch hausgemachte Probleme.

Mich hat die Ulmer Spielschachtel ganz entscheidend geprägt. Bis heute kann ich ganze Satzpassagen meiner Lieblingsstücke zitieren, obwohl ich zum Zeitpunkt der Aufführung nur sechs oder sieben Jahre alt war. „Mein Name ist Boss! Ihr könnt mich ‘Ey, Boss', ‘Du, Boss' oder einfach nur ‘Boss' nennen“ – Der erste Satz des Erzählers im Stück „Tom Sawyers Abenteuer“.

Ulm gibt jedes Jahr Unmengen aus, um den Sandstein des Ulmer Münsters in Stand zu halten und spart dann an einer weiteren Sehenswürdigkeit. Ich wäre glücklich, wenn Hannover ein Kindertheater hätte, das nur im Ansatz so handwerklich liebevoll, stilistisch fantastisch und konzeptionell innovativ wäre. Die „Ulmer Spielschachtel“ ist das Lebenswerk von Christoph Geigenberger und Christoph lebt für sein Theater und die vielen Kinder, die es besuchen. Ich habe Christoph schon während meiner Kindheit tief bewundert und tue das bis heute. Öffentlich möchte ich hier an die Stadt Ulm appellieren, nicht am falschen Ende zu sparen. Bei wenigen Projekten kann man Bildung und Kultur zeitgleich fördern. Ich möchte die „Ulmer Spielschachtel“ noch unseren Kindern und Enkeln zeigen können und diesen nicht sagen müssen, dass dieses Kinder- und Jugendtheater dem Sparzwang zum Opfer gefallen ist. Und Chef der Spielschachtel möchte ich ja schließlich auch noch werden.............

Reichhaltige Informationen gibt es bei der "Eltern für Luftikuss-Initiative", die hier zu erreichen ist.


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