Knigge adé
25. September 2007
oder das neue "Fastfood-Behaving"
Die gepflegte Ausdrucksweise fällt täglich mehr dem SMS-Kauderwelsch zum Opfer... Leider!
"Liste" - "Sport" - "Fußball" - "Programm". Vier Nomen, die für ganze Sätze stehen. Und das Beste daran - alle vier Nomen stehen für den selben Satz: "Schönen Guten Tag. Ich hätte gerne eine aktuelle Liste mit den Quoten der angebotenen Sportereignisse". Man muss an dieser Stelle lobend erwähnen, dass Kunden, die diese vier Nomen beherrschen, bereits über die sonst übliche Zeichensprache ohne Worte hinausgewachsen sind.
Meine Kassentätigkeit bei einem Buchmacher lässt mich täglich an unserer Gesellschaft zweifeln. Immer mehr weicht der Sinn für die einfachsten Umgangsformen eines unerträglichen "Fastfood-Behavings". Als Feind sämtlicher Anglizismen, gehörte die Erfindung eines neuen Anglizismus bisher nicht zu meinen ausgewiesenen Stärken. Doch das "Fastfood-Behaving" (Behaving = Benehmen) umschreibt meinen Eindruck am Besten. Und die wörtliche Übersetzung "Schnelless-Behaben" wäre hier vielleicht eher irreführend gewesen...
Die einfachsten Umgangsformen "Guten Tag", Auf Wiedersehen", "Bitte" und "Danke" scheinen in der heutigen Zeit ebenso ausgestorben zu sein, wie das Bilden eines vollständigen Satzes aus Subjekt, Prädikat und Objekt. Doch in der Zeit von "Kunde ist König" eignen sich eben diese Könige immer mehr das Verhalten von kastrierten Lamas an. Dies lässt mich am Konzept, den Kunden als König anzuerkennen, immer mehr zweifeln. Ein kastriertes Lama mit Krone macht auch einfach kein schönes Bild – soviel ist sicher.
Adolph Freiherr von Knigge wollte mit seinem Werk "Über den Umgang mit Menschen" (heute kurz: "Knigge") in erster Linie über Taktgefühl und Höflichkeit aufklären. Beides vermisse ich heute allzu oft. Und so möchte ich JEDEN Leser an dieser Stelle bitten, bei sich selbst anzufangen. Ein freundliches "Guten Tag" bricht auch König Kunde keinen Zacken aus der Krone. Vielen Dank für Ihren Besuch.